Music Business

Konzertbusiness: Freier Markt oder staatliche Subventionen?

19.01.10 Eine Grundsatzdiskussion zur momentanen Schieflage im Konzertbereich

von   kommentieren

myoon: Konzertbusiness: Freier Markt oder staatliche Subventionen?

Seit dem Niedergang der Tonträgerindustrie gilt das Livebusiness als Hoffnungsschimmer für Musiker. Wer viel spielt, der wird möglicherweise bekannt und kann im besten Fall von seiner Musik leben. Doch ist dies wirklich so oder manifestiert sich in der momentanen Goldgräberstimmung im Livesegment eine Zweiklassengesellschaft bestehend aus millionenschweren Stars und Musikern, die trotz ausgedehnter Touren am Ende doch nicht von ihren Auftritten allein leben können? Und wie sieht es mit staatlichen Subventionen aus. Können sie einen funktionierenden Kulturbetrieb fördern, bei dem alle ihren Gewinn daraus ziehen?

"Das Konzertgeschäft floriert und trocknet sich dabei selbst aus. Großkonzerne und Superstars kontrollieren die Branche, aber an die eigene Zukunft denken sie nicht."

Zu dieser Festellung kommt Kolja Reichert in seinem Zeit-Artikel So geht Gewinnmaximierung. Und genau im Begriff der Gewinnmaximierung liegt das Übel für ein laut Reichert entstehendes "Künstlerprekariat". Waren die Majors zu ihren besten Zeiten trotz Profitinteressen noch daran interessiert Acts aufzubauen, scheinen es die führenden Konzertagenturen wie Live Nation, Ticketmaster oder CTS Eventime vorrangig auf kurzfristige Rendite abgesehen zu haben.
Und Rendite versprechen Stars wie U2, Madonna oder Jay-Z. Das Risiko Konzerte von kleinen Bands und Newcomeracts zu veranstalten ist ihnen zu groß und so scheint gerade der Aufbau von unbekannten Musikern durch das Livegeschäft ad absurdum geführt.

Selbst gehypte Bands wie das Elektro Pop Du La Roux gehen demnach trotz voller Hallen finanziell leer aus. Die Konzerte des Künstlerprekariats entwickeln sich zu einer Neverending Tour inclusive Nullsummenspiel während die Megastars die Gewinne scheffeln. Die Folge der von den Konzertagenturen vorangetriebenen neuen EventKultur ist somit eine "Ausrottung" des Ökosystems Pop das bisher auf dem 90/10 Modell basierte. Reichelt hofft auf ein Umdenken und auf Kapital in Form von kulturpolitischen Maßnahmen, das eine Verjüngung des Marktes ermöglicht.

Als gutes Beispiel könnte hierbei das schwedische Musikwirtschaftswunder dienen. Dank indirekter (Bereitstellung von Proberäumen und Konzertlocations) und direkter (Musikstipendien) staatlicher Subventionen hat sich Schweden in den letzten Jahren zu einem Musikerxportschlager gemausert. Ganz uneigennützig ist diese Förderung nicht, denn Schweden hat das wirtschafliche Potential seit ABBA erkannt. Bis zu 780 Mill. Euro Umsatz generiert der schwedische Musikexport jährlich.

Freier Markt oder staatliche Lenkung? Das Livebusiness ist ein hartes Pflaster bei dem es gerade für Newcomer immer "Gewinner" und "Verlierer" geben wird. Nur stellen sich mir folgende Fragen: Sollte der Staat in die von Reichert beschriebene Schieflage im Konzertbereich (Superstars und Konzerne kontrollieren die Branche) eingreifen und wie könnte eine Lenkung in Form von direkten und indirekten Subventionen im Popbereich hierzulande konkret aussehen?

Staatliche Zuschüsse bei Musikproduktionen, Proberäumen und Studios? Geförderte Konzerte und Bandwettbewerbe? Stipendien für Musiker fern ab der klassichen Musik? Überbrückungsgeld? Es gibt noch weitere Ideen, doch sind sie sinnvoll oder bringen sie den Musikstandort Deutschland auch nicht weiter und der freie Markt soll weiterhin den finanziell gesteuerten "Eventdarwinismus" mit Megastars im Stadionformat vorantreiben?

Bild via Wikimedia Commons

Diskussion

Keine Kommentare für “Konzertbusiness: Freier Markt oder staatliche Subventionen?”

Füge einen Kommentar hinzu