Interview

Tanith im myoon-Interview

17.12.09 Lieber unperfekt auffallen als perfekt in der Masse untergehen

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myoon: Tanith im myoon-Interview

Dieses Jahr feierte Techno in zahlreichen Facetten sein 20 Jähriges Jubiläum. Thomas Andrezak bekannt als Tanith stand am Laufgitter als das musikalische Genre die ersten Schritte lernte. Der Berliner gehörte Anfang der 90er Jahre neben Westbam und Sven Väth zu den meistgebuchtesten DJs und kann sich damit rühmen, als erster deutscher DJ im Mutterland des Raves gebucht worden zu sein. Doch neben den horrenden Gagen lehnte er auch extravagente Höhneflüge stets ab. Bis heute ist er seinem Ideal "Leidenschaft statt Geldgier" treu geblieben und bevorzugt als umtriebiger Zeitgeist lieber die kleineren Floors, auf dem er nicht den Geschmack der Masse konsequent bedienen muss.

1987 hatte Tanith vom hessischen Provinzmief die Schnauze voll. Der damals EBM und Industrial geprägte Futurepunk namens Amok packte seinen Krempel und düste via Transitweg nach Westberlin. Dort stolperte er beim Monika Dietls Radiosendung The Big Beat über Acidhouse. Jenes quietischige Geklimper mit den monotonen Bassläufen, dass in Großbritanienen bereits den Summer of Love begleitete, wurde quasi über Nacht zu seinem Pulsschlag. Dieser Sound muss doch auch im grauen Berlin funktionieren. Gesagt, getan und so rumpelten die PAs in den ersten provisorischen Ravelandkellerlöchern. Die Idee ging auf. Strobos peitschten durch die unendlichen Nebelschwaden, die Leute tanzten ihren Extasen entgegen und mittendrin in dieser musikalischen Aufbruchsstimmung mixte sich Tanith in die Herzen der Feierwütigen. Das Acidgewitter verschwand, Techno wurde das neue Ding und die Geschichte samt Mythenbildung nahm ihren Lauf… .

Ob als Produzent, Labelbetreiber oder Veranstalter, der ehemals "Härteste DJ der Welt" hat die Höhen und die Tiefen, den Split und all die in den 20 Jahren entstandenen Subgenres von Techno miterlebt. Dabei ist Techno für ihn mehr als nur ein Sammelbegriff für eine bestimmte Art von Musik. Techno ist Technologie ist Zukunft.

Im Oktober feierte die Leipziger Distillery ihren 17. Geburtstag.
Zum Part II der grossen Sause holte Tanith seine Classics aus dem Plattenregal und liess die Leute noch einmal zum rohen Sound der Jahre 1989-1995 abfeiern. Vor seinem Set unterhielten wir uns natürlich über 20 Jahre Techno, verdiente Revivals, Nogos, seine persönliche Herausforderung beim Auflegen und über den Vorteil nicht allein vom DJing leben zu müssen.

Im zweiten Teil des Interviews spricht Tanith über Deutsches Sounddesign vs. englischer Samplingcheese und Dubstep als Weitersetzung des englischen Hartcore-Kontinuums.
Die heutigen Bedingungen für Produzenten sowie die Bedeutung von Labels im Music 2.0 Zeitalter sind ausserdem zwei Themen, die wir anreissen. Der Schluss ist dem Unperfektionismus und dem Idealismus "Leidenschaft statt Geldgier” gewidmet.

Tanith’s Webspace:
www.tanith.org

Ein zweistündiges Gespräch mit Tanith zum Thema Techno kann man sich beim Chaos Radio Podcast Network anhören.
CRE: Techno – Über Musik, Kultur und Zeitgeschichte

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